Altersabhängige Makuladegeneration (AMD): Individualisierte Behandlungsmöglichkeiten

Sie ist die häufigste Sehbehinderung in der älteren Bevölkerung: Rund 10 bis 13 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland sind von der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) betroffen – Tendenz steigend. Sie ist nicht heilbar und schränkt Betroffene erheblich ein. Im Experteninterview erklärt Prof. Dr. Ramin Khoramnia, Oberarzt der Universitäts-Augenklinik Heidelberg, welche Therapieoptionen es gibt, um den Verlauf der AMD zu verlangsamen.
Herr Prof. Dr. Khoramnia, welche Ausprägungen hat die Sehbehinderung und wie macht sie sich bemerkbar?
Bei der altersabhängigen Makuladegeneration ist ein kleines Areal in der Mitte der Netzhaut des Auges betroffen – die Makula. Sie ermöglicht scharfes und kontrastreiches Sehen. Betroffene bemerken die Krankheit daran, dass die Buchstaben beim Lesen verschwimmen, sie Punkte nicht mehr fokussieren können und Farben nicht mehr eindeutig erkennen. Im Endstadium können Patienten nur noch peripher sehen; also nur noch ihre Umgebung und Umrisse wahrnehmen und Hell-Dunkel-Kontraste erkennen.
Es wird zwischen zwei Formen unterschieden: Die trockene AMD ist mit 80 bis 85 Prozent die häufigste Form. Sie schreitet langsam voran, später droht jedoch der Verlust des zentralen Sehens. Der Grund sind Ablagerungen unter der Netzhaut. Die feuchte AMD entsteht aus der trockenen Form, schreitet deutlich schneller voran und verursacht eine verzerrte Sicht. Bei dieser Form wachsen Gefäße unter der Makula, woraufhin sie anschwillt. Auch hier fällt das zentrale Sehvermögen am Ende aus.
Eine AMD ist nicht heilbar. Gibt es erfolgsversprechende Behandlungen?
In klinischen Studien hat die Anti-VEGF-Therapie gute Ergebnisse zur Behandlung der feuchten AMD gezeigt. Dabei werden Medikamente in das Auge injiziert, die das Gefäßwachstum bremsen. Das verlangsamt den Verlauf und ermöglicht Patienten ein besseres Sehvermögen. In der Praxis gehen die erzielten Ergebnisse allerdings im Laufe der Zeit wieder verloren. Das liegt daran, dass es im Therapiebeginn und -verlauf zu Verzögerungen kommt, Patienten nicht konsequent genug oder die Intervalle, in denen die Spritzen gesetzt werden, zu lang sind. Jeder Krankheitsverlauf ist anders – darum braucht es in diesem Rahmen Therapiekonzepte, die speziell auf jeden Patienten zugeschnitten sind.
Wie können solche individuell angepassten Konzepte aussehen?
Eine Variante ist das Konzept Pro-re-nata (PRN). Monatlich werden Injektionen verabreicht, bis die Erkrankung nicht mehr aktiv ist. Danach gibt es regelmäßige Kontrolltermine. Im Bedarfsfall kann man dann nochmal ein bis drei Injektionen verabreichen. Insgesamt sind weniger Injektionen nötig und monatlich festgelegte Kontrolltermine können Patienten außerdem dazu motivieren, die Behandlung konsequent durchzuziehen. Die hohe Termindichte kann für Praxis und Patienten u.U. aber auch belastend sein. An der Universitätsklinik Heidelberg arbeiten wir mit dem Treat and Extend-Konzept (T&E), das laut Studienlage noch bessere Ergebnisse erzielt. Hier werden bei jedem Termin proaktiv Injektionen verabreicht, um eine erneute Krankheitsaktivität zu unterbinden. Es wird also bei jedem Termin gespritzt, dafür werden die zeitlichen Abstände zwischen den Terminen individuell auf den Zustand der Patienten angepasst. Das reduziert nicht nur die Terminmenge, sondern schmälert auch die Sorge der Patienten, dass Symptome wiederkommen.