Epilepsie

Epilepsie ist ein Überbegriff für eine Vielzahl von Hirnerkrankungen, die eines gemeinsam haben: Eine erhöhte Neigung zu Anfällen, bei denen der Betroffene nicht mehr Herr seines Körpers ist – und seines Geistes. Denn während viele sofort an Muskelkrämpfe und -zuckungen denken, sind tatsächlich auch sogenannte Abscensen weit verbreitet. Zustände, die man mit einem geistigen Innehalten beschreiben könnte. Der Grund: Eine Fehlfunktion im Hirn stört die Kommunikation der Nervenzellen. Nervensignale werden dadurch so unnatürlich schnell und stark weitergeben, dass es im Körper zu Fehlfunktionen kommt. In Deutschland ist knapp jeder Hundertste von epileptischen Anfällen betroffen. Eine aktuelle australische Studie zeigt erste Ergebnisse eines neuen Therapieansatzes für Betroffene: Ein Gehirnimplantat, das vor Anfällen warnt.
Die Symptome:Wie äußert sich ein epileptischer Anfall?
Von einem epileptischen Anfall spricht man bei einer neuronalen Fehlfunktion im Gehirn. Während viele die Symptome eines epileptischen Anfalls direkt mit Muskelzuckungen und -verkrampfungen verbinden, können sich diese in der Realität ganz unterschiedlich äußern. In der Regel dauert ein Anfall nur wenige Sekunden oder Minuten. Entscheidend dafür, welche Symptome auftreten, ist die betroffene Hirnregion. Generell gilt: Die Symptome sind niemals gleich und nicht vorhersehbar. Eine in der Medizin gängige Unterteilung, schließt von betroffenen Hirnregionen auf typische Symptome:
Anfälle, bei denen nur ein Teil des Gehirns betroffen ist (fokale Anfälle):
- Motorische Symptome, beispielsweise Drehbewegungen der Hände
- Sensible Symptome , z.B. Kribbeln in den Händen
- Sensorische Symptome, wie Geschmacks- und Geruchshalluzinationen
- Übelkeit, Blässe, Schwitzen
Dieser Art von Anfällen kann eine sogenannte Aura vorausgehen. Beschreiben könnte man eine Aura als ein „erstauntes Innehalten“. Meist hält dieser Zustand lediglich wenige Sekunden an. Betroffene erleben ihre Umwelt dann auf andere Art und Weise. Das können Geschmacks- oder Geruchseindrücke sein, seltsame Empfindungen im Bauch, das Gefühl zu schweben, Halluzinationen, Sehstörungen oder Konzentrationsstörungen – oder auch etwas ganz Anderes.
Anfälle, die das gesamte Gehirn betreffen (generalisierte Anfälle):
- Deutliche Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit
- Man spricht von einer Absence (früher „petit mal“ genannt)
- Betroffene halten plötzlich inne und sind für einige Sekunden bis maximal eine halbe Minute geistig abwesend und nicht ansprechbar
- Wenn sie wieder zu sich kommen, machen sie weiter wie zuvor und können sich nicht an den Vorfall erinnern
- Kommt häufig im Kindes- und Jugendalter vor
- Muskelzucken
- Bei sogenannten „myoklonischen Anfälle“:
- Rasch ausladende Bewegungen, Wegwerfen von Gegenständen, Sturz
- Bei sogenannten „tonisch-klonischen Anfälle“ (großer Krampfanfall, früher „grand mal“ genannt):
- Sekunden andauernde Verkrampfungen
- Betroffene beißen sich auf die Zunge oder nässen sich ein
- Zuckungen über 3-4 Minuten, im Mund wird etwas Speichel zu Schaum geschlagen
- Schlafphase über mehrere Minuten am Ende des Anfalls
- Häufig können sich Betroffene nicht an den Anfall erinnern
- Bei sogenannten „atonischen Anfälle“
- Muskelspannung im betroffenen Teil der Muskulatur lässt abrupt nach
- Je nachdem, welche Körperteile betroffen sind, besteht die Gefahr eines Sturzes
Besonders bei Kindern werden kurze Episoden der Abwesenheit häufig übersehen und mit Unkonzentriertheit erklärt. Fallen einem Situationen auf, in denen ein Kind wiederholt verharrt und innehält, sollte man dies genau beobachten und gegebenenfalls einen Arzt aufsuchen.
Achtung: Betroffene können sich während eines Anfalles verletzen. Ursache hierfür können Gegenstände in der Umgebung, Stürze und Unfälle im Straßenverkehr oder beim Sport sein, z.B. beim Schwimmen, Klettern, Turnen. Darüber hinaus sind durch die unwillkürlichen Muskelkontraktionen Knochenbrüche und Bissverletzungen an Zunge und Wange möglich.
Eine lebensbedrohliche Situation stellt der Status epilepticus dar. Mediziner verstehen darunter einen Anfall mit einer Dauer von 20 Minuten und mehr bzw. eine Serie von Anfällen, zwischen denen keine vollständige Erholung stattfindet und die insgesamt länger als 30 Minuten anhält. Der Betroffene muss umgehend ärztlich behandelt werden, also: Sofort einen Notarzt rufen!
Definition
Unter Epilepsie werden chronische Erkrankungen des zentralen Nervensystems mit wiederkehrenden Anfällen zusammengefasst. Die Anfälle treten sehr plötzlich auf und dauern wenige Sekunden bis Minuten.
Was verursacht epileptische Anfälle?
Epileptische Anfälle werden durch eine Fehlfunktion im Gehirn ausgelöst. Hirnzellen kommunizieren über elektrische Impulse miteinander. Bei einem epileptischen Anfall verändert sich die Art und Weise der Kommunikation: Nervenimpulse werden so unnatürlich heftig und schnell weitergegeben, dass es im Körper zu Fehlfunktionen kommt. Fehlfunktionen bei der Kommunikation im Gehirn kommen ständig vor und werden normalerweise als fehlerhaft erkannt und aussortiert. Warum dies bei Epileptikern nicht funktioniert, ist wissenschaftlich nicht endgültig geklärt.
Bei den Ursachen einer Epilepsie unterscheidet man zwei große Gruppen:
1 Symptomatische Epilepsie:
Durch konkrete Einflüsse können Narben im Gehirn entstehen. Sie irritieren das umliegende Nervengewebe und verursachen im ungünstigen Fall epileptische Anfälle.
2 Idiopathische Epilepsie:
Den Anfällen kann keine konkrete Ursache zugeordnet werden.
1 Symptomatische Epilepsie
Folgende Ursachen für eine symptomatische Epilepsie sind möglich:
- Blutungen im Gehirn
- Gefäßmissbildungen im Gehirn
- Gehirntumore
- Sauerstoffmangel im Gehirn (beispielsweise während der Schwangerschaft oder der Geburt)
- Stoffwechselstörungen
- Gehirnentzündungen (Meningitis, Enzephalitis) → bei Meningitis Link zu Kurzbeschreibung
- Durchblutungsstörungen im Gehirn (z.B. bei einem Schlaganfall)
- Hirnverletzungen durch Unfälle
In manchen Fällen, weisen die Untersuchungsergebnisse deutlich darauf hin, dass es eine konkrete Ursache für die Anfälle geben muss, diese kann jedoch nicht gefunden werden. Man spricht dann von einer kryptogenetischen Epilepsie.
2 Idiopathische Epilepsie
Was genau der ausschlaggebende Faktor für epileptische Anfälle ohne konkreten Auslöser ist, wird derzeit noch erforscht. Bekannt ist eine anlagebedingte Neigung zu epileptischen Anfällen, die unter bestimmten Umständen wie Schlafmangel, Fieber oder Flimmerlicht die Wahrscheinlichkeit eines epileptischen Anfalls erhöht – jedoch nicht alleinig dafür verantwortlich ist. Was den Bogen zwischen Neigung und Erkrankung spannt, muss noch wissenschaftlich geklärt werden.
Im Kindesalter kommen symptomatische und idiopathische Epilepsien in etwa gleich häufig vor, bei Erwachsenen überwiegt die symptomatische Epilepsie mit rund zwei Dritteln.
Nicht jeder Anfall deutet auf Epilepsie hinDie richtige Diagnose kann nur ein Facharzt stellen
Beim Verdacht auf einen epileptischen Anfall sollte der Hausarzt aufgesucht werden. Dieser wird versuchen im Gespräch zu ergründen, ob es sich tatsächlich um einen epileptischen Anfall gehandelt hat. Auch die Beschreibung Dritter kann hierfür hilfreich sein, wenn sich der Betroffene nicht vollständig an den Vorfall erinnern kann. Ähnliche anfallsartige Situationen durch Kreislauf- oder Stoffwechselstörungen müssen klar abgegrenzt werden. Auch psychische Erkrankungen wie Ängste oder Depressionen können epilepsie-ähnliche Anfälle provozieren und das ansatzartige Erleben einer Aura kann leicht mit den Aura-Symptomen bei einer Migräne verwechselt werden. Teilt der Hausarzt den Verdacht, wird er in der Regel zu einem Facharzt, dem Neurologen, überweisen, der eine genaue körperliche Untersuchung durchführt, um die Diagnose weiter einzugrenzen.
Bei der körperlichen Untersuchung ist das Elektroenzephalogramm, kurz EEG, das wichtigste Diagnosetool. Der Vorgang: Der Patient zieht eine Haube mit Messfühler über den Kopf. Die daran befestigten Elektroden messen die elektrische Hirnaktivität, die in Form eines Linienmusters aufgezeichnet wird. Das Muster der Linien liefert dem Neurologen erste Hinweisedarauf, wie das Hirn arbeitet. Auch ein Langzeit-EEG oder eine zusätzliche Stimulation des Gehirns durch Lichtreize oder einen beschleunigten Atemrhythmus kann aufschlussreich sein.
Verletzungen bzw. Narben im Gehirn können mit bildgebenden Verfahren wie einer Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) aufgedeckt bzw. ausgeschlossen werden. Zusätzlich sollte eine Blutuntersuchung durchgeführt werden, um Stoffwechselerkrankungen ausschließen zu können.
Sogenannte Epilepsie-Zentren und -Schwerpunktpraxen haben sich auf die Diagnose und Behandlung von Epilepsie spezialisiert. Die entsprechenden Adressen findet man auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie e.V.
Diagnose EpilepsieWelche Therapie ist die richtige?
Je nachdem, welche Form der Epilepsie vorliegt, wird der Arzt eine unterschiedliche Therapie einleiten. Eine idiopathische Epilepsie wird in der Regel medikamentös behandelt, bei der symptomatischen Epilepsie wird man versuchen, die Ursache der Anfälle im Gehirn zu beseitigen, nicht die Epilepsie selbst behandeln.
Für die medikamentöse Behandlung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Das Prinzip: Bei richtiger Dosierung und regelmäßiger Einnahme wirken sie als Anfallsblocker. Darüber hinaus kann eine psychologische Beratung Sinn machen.
Generell ist es wichtig, im Alltag Schlafentzug zu vermeiden und Alkohol nur in sehr geringen Maßen zu konsumieren. Ob eine Tauglichkeit besteht, ein Fahrzeug zu führen, sollte mit dem Arzt besprochen werden.
Darüber hinaus lieferte jüngst eine aktuelle Studie aus Australien vielversprechende erste Ergebnisse. Untersucht wurde die Zuverlässigkeit eines im Gehirn implantierten Teststreifen, der Patienten vor drohenden Anfällen warnen soll. Ob sich das Therapieverfahren in der Praxis durchsetzt, bleibt noch abzuwarten.
Manchen Menschen hilft es auch, sich mit anderen Betroffenen über das Erlebte auszutauschen. Ein Epilepsie-Forum im Internet bietet die Möglichkeit zum schriftlichen Austausch und hilft bei der Suche von Epilepsie-Selbsthilfegruppen rund um den eigenen Wohnort.
Prognose
Bei gut eingestellter Therapie werden die Betroffenen in 60-80 Prozent der Fällen anfallsfrei.
Wer sich weiter über die Erkrankung Epilepsie informieren möchte, findet bei der Deutschen Gesellschaft für Epiletologie e.V. reichhaltiges Informationsmaterial, das nach Schlagworten geordnet ist und zum Download bereit steht.
Bitte beachten Sie: Diese Informationen dienen der Orientierung für Betroffene und Interessierte und können bei der Vorbereitung des Arzt-Patientengespräches behilflich sein. Ein Arztbesuch lässt sich so allerdings nicht ersetzen. Der Arzt kann am besten auf die individuelle Situation des Patienten eingehen und diese behandeln.