Die Kunststoff-Krise: Gefährdet Mikroplastik die Gesundheit?
Von Tamara Walther

Diese Nachricht sorgte für Aufsehen: Erstmals wurden Plastikrückstände in menschlichen Stuhlproben gefunden. „Mikroplastik“ heißt die kleine, stille Gefahr. Dabei handelt es sich um kleine Kunststoffteilchen, die sich in vielen Alltagsgegenständen finden lassen. Wo kommt Mikroplastik vor? Ist es gefährlich für unsere Gesundheit? Und welche Möglichkeiten gibt es, Mikroplastik im Alltag aus dem Weg zu gehen? Wir nehmen die winzigen Plastikpartikel unter die Lupe.
Kleine Kunststoff-Partikel: Was genau ist Mikroplastik?
Vor wenigen Monaten beschloss die Europäische Union ein Verbot von Plastikwegwerfprodukten. Bis 2021 sollen Einwegartikel wie Strohhalme, dünne Tüten, Geschirr und Besteck aus den Läden verschwinden. Zu groß ist die Belastung für unsere Umwelt, die unter dem massiven Plastikkonsum leidet. Was viele jedoch nicht wissen: Nicht nur offensichtliche Gegenstände aus Kunststoffmaterialien sind das Problem. Vor allem ist es das sogenannte Mikroplastik, das uns im Alltag immer wieder begegnet, die Umwelt verunreinigt und eine potentielle Gefahr für unsere Gesundheit darstellt.
Bei Mikroplastik handelt es sich um kleine Kunststoffpartikel mit einer Größe von etwa einem Millimeter. Unterschieden werden zwei Formen: Primäres und sekundäres Mikroplastik.
Erstere sind kleine Kügelchen, die zur Herstellung von Produkten aus Plastik verwendet werden. Die Pellets werden häufig auf Containerschiffen transportiert und können so beim Umladen oder durch illegale Entsorgung in den Weltmeeren landen. Als Rohmaterial wird es aber auch vielen Kosmetikprodukten und Hygieneartikeln zugesetzt.
Sekundäres Mikroplastik dagegen entsteht bei der Zersetzung von Kunststoffteilen, etwa durch Reibung oder Sonneneinstrahlung. Aber auch in der Wäsche können sich kleine Partikel aus synthetisch hergestellter Kleidung lösen.
Über Mülldeponien, die Abfallentsorgung und unsere Abflüsse gelangt Mikroplastik in die Umwelt, wo in unzähligen Kleinteilen zurückbleibt. Kläranlagen, Wind und Regen verteilen die Plastikpartikel dann in Gewässern, Wäldern und auf dem Boden.
Mikroplastik: Wie gelangt es in den Körper?
Mikroplastik findet sich mittlerweile beinahe überall. Auch in unserem Alltag begegnen wir den kleinen Kunststoffteilen regelmäßig. Über verschiedene Wege können wir es in unseren Körper aufnehmen.
LebensmittelMikroplastik im Meer ist ein großes Problem. Nicht nur verschmutzt es das Wasser, es nimmt auch Schadstoffe auf und wird von Meerestieren mit Futter verwechselt. Anschließend werden diese gefischt und landen auf unseren Tellern. Essen wir Fische und Muscheln, wird das Plastik vom Körper automatisch aufgenommen.
Aber auch wer Kulinarischem aus dem Meer nicht viel abgewinnen kann, ist nicht auf der sicheren Seite. (Fetthaltige) Lebensmittel nehmen Chemikalien aus Plastikverpackungen auf. Besonders gefährlich ist das bei Convenience-Produkten: Sie sind nicht nur meist sehr fetthaltig, sondern werden oft auch in der Plastikverpackung erhitzt. Dabei können Gifte entstehen und ins Essen übertragen werden. Zudem ist es wahrscheinlich, dass viele Lebensmittel auch bereits bei der Verarbeitung mit Mikroplastik in Kontakt kommen.
GetränkeWasser, Limonaden und Säfte aus PET-Flaschen sind ebenfalls ein potenzielles Risiko. Laut dem Bundesinstitut für Risikoabwägung besteht normalerweise keine Gefahr, da die Belastung der Plastikverpackung unter den gesetzlichen Grenzwerten liegt. Werden die PET-Flaschen jedoch erhitzt, etwa durch Sonneneinstrahlung, können sich Kunststoffe ablösen und in die Flüssigkeit übergehen. Die Verbraucherzentrale rät deshalb zu Glasflaschen.
Kosmetik und HygieneartikelVielen Shampoos, Duschgels, Peelings und Cremes sowie Reinigungsmitteln wird in der Produktion flüssiges oder gelartiges Mikroplastik zugesetzt. Es dient als Bindemittel. Einige enthalten auch Weichmacher, die Plastikprodukten zugesetzt werden. Unsere Haut kann diese bei Anwendung ebenfalls aufnehmen.
Schlecht für die Gesundheit: Wie gefährlich ist Mikroplastik für uns?
Lange galt Mikroplastik als hauptsächlich schädlich für die Umwelt. Seit ein österreichisches Forschungsteam Plastikpartikel in Stuhlproben nachweisen konnte, stellt sich nun auch die Frage: Schadet es auch unserer Gesundheit?
Die acht Probanden der Studie stammten aus verschiedenen Ländern rund um den Globus und hatten alle in Plastik verpackte Lebensmittel sowie Getränke aus PET-Flaschen verzehrt. Nur sechs der acht Probanden hatten zuvor Fisch konsumiert. Neun verschiedene Plastikarten, davon am häufigsten Polypropylen und Polyethylenterephthalat, konnten bei allen Teilnehmern nachgewiesen werden.
Die Folgen von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit lassen sich noch nicht abschätzen. In früheren Studien bei Fischen und Vögeln konnten aber bereits Plastikrückstände in den Blutbahnen, Lymphgefäßen und in der Leber nachgewiesen werden. Bei einer Untersuchung von Miesmuscheln wurden durch Mikroplastik verursachte Entzündungen nachgewiesen.
Forscher sehen im Mikroplastik eine Gefahrenquelle: Es enthält Inhaltsstoffe wie Weichmacher, die als gesundheitsgefährdend gelten. Synthetischer Kunststoff bindet außerdem Weichmacher und andere enthaltene Schadstoffe, zum Beispiel Erdöl, in hoher Konzentration. Diese könnten an den Körper abgegeben werden, zum Beispiel in den Darmtrakt. Mikroplastik könnte sich im Gewebe ablagern und die Immunreaktion schädigen.
Ein weiterer Faktor: Mikroplastik stresst unsere Mitochondrien. Das ist insofern gefährlich, als dass Mitochondrien unseren Zellen die benötige Energie geben. In Plastik enthaltene Chemikalien, wie etwa Bisphenol A, können die Mitochondrien so sehr schwächen, dass sie sogar absterben können.
(Mikro-)Plastik vermeiden: Tipps, Tricks & Alternativen
Mikroplastik begegnet uns im Alltag fast überall - ob in Kosmetikprodukten, im Haushalt oder beim Essen. Mittlerweile gibt es jedoch viele (mikro)plastikfreie Produkte und einige Tipps und Tricks, um die Nutzung von Plastik im Alltag zu reduzieren.
Naturkosmetik verwendenGenerell gilt: Einen Blick in die Liste der Inhaltsstoffe werfen. Die Bezeichnung „Alcohol Denat“ oder auch die Endung „-phthalate“ sind ein klares Zeichen dafür, dass Weichmacher zugesetzt sind. Hilfreich: Der BUND-Einkaufsratgeber. Hier sind Kosmetikprodukte und Hygieneartikel aufgelistet, die Mikroplastik enthalten.
Noch besser: Auf Naturkosmetik umsteigen Wer diese gegenüber herkömmlichen Marken bevorzugt, ist auf der sicheren Seite: Hier ist die Zugabe von Mikroplastik, weiteren Kunststoffen oder Inhaltsstoffen auf Erdölbasis verboten. Stattdessen werden pflanzliche Stoffe, etwa Salze, Tonerde oder Kieselmineralien genutzt. Erkennbar ist sie an verschiedenen Öko-Siegeln, z.B. dem BDIH-Prüfzeichen oder dem NATRUE-Siegel. Naturkosmetik gibt es in jeder Preisrange - im Drogeriemarkt auch bereits für den kleinen Geldbeutel.
Alternativen im Haushalt findenViele Haushaltsgegenstände lassen sich einfach durch eine plastikfreie Alternative ersetzen. So gibt es mittlerweile Handzahnbürsten aus Bambus oder Holz, die ganz ohne Kunststoff auskommen. Für Strohhalme bieten sich Alternativen aus Metall oder Glas an - diese sind wiederverwendbar und lassen sich leicht reinigen. Sogar Röhrennudeln können verwendet werden. Wer die Wahl hat, kann außerdem zu Getränken aus recyclebaren Glasflaschen greifen.
Auch beim Wäsche waschen gelangt Mikroplastik in die Abwässer. Das liegt nicht nur an Waschmitteln mit zugesetztem Kunststoff, sondern auch an synthetischer Kleidung, die beim Waschen Kunststofffasern verliert. Aktuell gibt es gibt bereits einen Waschbeutel, der Kunststoffpartikel herausfiltern soll. Hier wird kontinuierlich weiter getüftelt. Waschnüsse oder selbstgemachtes Waschmittel aus Kastanien oder Kernseife kommen ohne enthaltenes Mikroplastik und Plastikverpackung aus. Noch sinnvoller: Kleidung aus Naturfasern wie hundertprozentiger Baumwolle oder Leinen kaufen.
Plastikfrei einkaufenBei Obst und Gemüse sollte man darauf achten, dass diese nicht zusätzlich in Plastik eingepackt sind. Auch Plastiktüten, die oft zum Wiegen des Obstes gebraucht werden, lassen sich leicht durch wiederverwendbare Obstnetze ersetzen. Um an der Kasse nicht zur Plastiktüte greifen zu müssen, machen sich mitgebrachte Jutebeutel und Körbe sowie wiederverwendbare Einkaufstaschen bezahlt.
Mittlerweile gibt es auch einige Unverpackt-Läden, die gänzlich auf Verpackungen aller Art verzichten. Das Prinzip: Eigene Behälter mitbringen und die Lebensmittel abfüllen. Hier gibt es eine Auflistung aller Läden, die deutschlandweit bereits existieren.