Neues aus der HNO-Praxis, Folge 10: Epiglottitis – wenn der Kehldeckel bedenklich anschwillt
Von Tamara Walther

Sprechen Mediziner im Fachjargon von einer Epiglottitis, ist eine Entzündung des Kehldeckels gemeint. Sie unterscheidet sich von der Kehlkopfentzündung, bei der die Kehlkopfschleimhaut betroffen ist. Verursacht durch Bakterien, kann dieser anschwellen. Die Folge: Rachen und Kehlkopf werden eingeengt, das Schlucken fällt schwer und schmerzt. Im schlimmsten Fall kann es zu Atemnot kommen.
Dr. Banerjee, welche Funktion erfüllt unser Kehldeckel eigentlich?
Der Kehldeckel sitzt im Inneren des Kehlkopfes und oberhalb der Stimmbänder. Seine Aufgabe ist, den Kehlkopf beim Schlucken zu verschließen und zu verhindern, dass Nahrung in die Luftröhre übertritt.
Wie kommt es zu einer Epiglottitis, also der Entzündung des Kehldeckels?
Ein entzündeter Kehldeckel ist eine lebensbedrohliche Erkrankung und somit ein Notfall. Der häufigste Auslöser ist ein Bakterium namens Haemophilus influenzae. Die Ansteckung erfolgt meist über Tröpfcheninfektion, es muss aber vorher nicht zwingend ein Infekt der oberen Atemwege vorausgegangen sein.
Ist der Kehldeckel entzündet, schwillt er an. Welche Symptome erleben Betroffene noch?
Dabei handelt es sich um ein hochakutes Krankheitsbild – den erkrankten Menschen geht es überhaupt nicht gut. Sie sitzen oft aufrecht im Bett, haben hohes Fieber, Atemgeräusche (inspiratorischer Stridor) und vermehrten Speichelfluss. Der Rachen und der Eingang zum Kehlkopf werden durch die Schwellung eingeengt – das führt zu Schluckbeschwerden und Luftnot.
Sind manche Menschen häufiger davon betroffen als andere?
Besonders Kinder zwischen dem 2. und 8. Lebensjahr sind von einer Epiglottitis betroffen. Das Problem ist, dass der Rachenbereich im jungen Alter enger ist als bei Erwachsenen, deswegen wirkt sich ein angeschwollener Kehldeckel besonders auf die Atmung und das Schlucken aus. Generell kann es aber alle Altersgruppen treffen.
Wie gefährlich kann eine Epiglottitis werden? Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Betroffene sollten nicht zögern, sofort einen Notarzt zu verständigen. Alleine bei der Untersuchung mit einem Zungenspatel kann es aber schon zu einer Zunahme der Schwellung und infolge dessen zu einer Verschlechterung der Atmung kommen. Deshalb sollten sich Ärzte bei der Diagnose auf die absolut notwendigen Werkzeuge beschränken.
Ein Tubus, also ein Schlauch, der das Atmen sichern soll, bis hin zu einem Luftröhrenschnitt können schnell erforderlich werden. Es versterben leider auch heute noch Menschen an dieser Erkrankung. Zum Glück tritt sie nur noch sehr selten auf. Ärzte sollten Patient/innen oder deren Eltern durch die Diagnose nicht in Panik versetzt, aber trotzdem informieren. Die richtigen Handlungsanweisungen können dann im Notfall Leben retten.
Wie kann die Entzündung behandelt werden?
Eine Epiglottitis wird mit der Gabe eines Antibiotikums, Cortison gegen die Schwellung und mit Schmerzmitteln behandelt. Im Krankenhaus kann die Atmung gut mit einem Pulsoxymeter überwacht werden. Das sieht aus wie eine Art Wäscheklammer, die an den Finger gelegt wird und so unblutig und schmerzlos den Sauerstoffgehalt im Blut messen kann. Bei starken Schluckproblemen wird auch gelegentlich Flüssigkeit über einen Tropf verabreicht. Sollte sich die Luftnot verstärken, werden die Patienten intubiert oder es wird ein – meistens vorübergehender – Luftröhrenschnitt notwendig.
Eine längerfristige Behandlung beim HNO ist nur in den wenigsten Fällen nötig, da die Entzündung mit den genannten Maßnahmen innerhalb weniger Tage wieder verschwunden ist.
Die 1990 eingeführte Hib-Schutzimpfung schützt eigentlich vor einer Epiglottitis. Warum tritt die Erkrankung dennoch noch auf?
Es gibt Menschen, die zwar geimpft sind, bei denen aber kein ausreichender Schutz durch das Immunsystem besteht, sogenannte „Impfversager“. Aber auch immungeschwächte Personen oder nicht geimpfte Menschen können betroffen sein.
Kann eine Kehldeckelentzündung häufiger auftreten? Haben Sie Tipps zur Vorbeugung?
Eine wiederholte Entzündung ist zum Glück äußerst selten. Ich empfehle eine Impfung für Eltern und Kinder, da sie sehr gut verträglich ist und schützt. Weitere Maßnahmen zur Vorbeugung gibt es nicht. Insbesondere Kinder durchleben gerade im Kindergarten- und Grundschulalter in ihrem Alltag viele Infekte, die das Immunsystem beschäftigen, aber auch prägen.