Medipresse - Neues aus der HNO-Praxis, Folge 13: Krebserkrankungen in der HNO – Gesundheit in Gefahr
Von Tamara Walther
Vielfältig und gefährlich: Auch im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich können sich bösartige Krebstumore bilden. Je nach Krebsart kann es zu Schwellungen, Verfärbungen, Schmerzen, Atemproblemen oder Schluckbeschwerden kommen. Dr. Robin Banerjee, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im Medical Center Unna, erklärt in der 13. Folge von „Neues aus der HNO-Praxis“, welchen Krebsarten er in seiner Praxis am häufigsten begegnet, auf welche Warnsignale man achten sollte und wie groß die Chancen auf Genesung sind.
Dr. Banerjee, wie häufig treffen Sie in Ihrem Arbeitsalltag auf Krebspatienten?
Inzwischen arbeite ich fast täglich mit Krebspatienten. Dies kann eine Tumornachsorge sein – also eine Kontrolle nach der Behandlung, die ich allen Patienten anbiete – oder leider auch, dass wir bei einer Untersuchung Krebs bei Patienten entdecken. Auch die Krebstherapie, welche in der HNO meistens Operationen erfordern, führe ich durch. Insgesamt stehen Krebserkrankungen in der HNO auf Platz 6 der häufigsten Krebsarten.
Welche Krebserkrankungen kommen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich häufig vor?
An Stellen wie dem Gesicht und den Ohren, die der Sonne ausgesetzt sind, treten Hauttumore auf. Im inneren Bereich sieht der HNO-Arzt von Mandelkrebs über Rachenkrebs bis hin zum Kehlkopfkrebs fast alles. Am Hals ist Lymphknotenkrebs oft der Primärtumor, kann aber auch als Metastase vorkommen.
Welche Symptome treten typischerweise auf?
Der Kehlkopfkrebs fällt durch Stimmveränderungen, wie zum Beispiel Heiserkeit, früh auf. Beim Rachen- oder Mandelkrebs treten Schluckbeschwerden oder Ohrenschmerzen auf, die aber auch erst im späteren Verlauf der Erkrankung zum Vorschein kommen können. An der Haut kommt es gelegentlich zu Blutungen an den Tumoren. Alle Krebserkrankungen haben allgemeine Symptome wie Nachtschweiß, Fieber oder Gewichtsabnahme gemeinsam.
Spielen genetische Faktoren bei HNO-Krebserkrankungen eine Rolle?
Ja, aber nur eine sehr kleine. Krebserregende Stoffe wie Alkohol, Nikotin und ungesunde Ernährungsgewohnheiten sind die Hauptursachen. Auch humane Papillomaviren (HPV) sind eine häufige Ursache.
Auf welche Warnsignale sollten Patienten achten und beim Arzt abklären lassen?
Bei allen oben genannten Symptomen sollten Patienten hellhörig werden. Oft kommen die Menschen aber viel zu spät zu uns. Wenn das eigene Körpergefühl sich verändert oder nicht mehr stimmt, sollte man es abklären lassen. Wir haben in Deutschland eine tolle flächendeckende Versorgung. Bei Zweifeln oder Unsicherheiten lohnt sich der Gang zum Arzt immer. Geht man zu spät, sind die Behandlungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt.
Gibt es Möglichkeiten zur Früherkennung? Wenn ja, welche?
Während Nikotin und Alkohol bekannte Risikofaktoren für Krebserkrankungen sind, rücken HPV-Viren immer mehr in den Fokus. Das sind Viren, die Krebs im Schleimhautbereich erzeugen können. In den letzten Jahren sind neue Untersuchungsmethoden hinzugekommen. So gibt es mittlerweile Schnelltests zur Erkennung von HPV-Belastungen des Körpers. Außerdem führen wir HNO-ärztliche Untersuchungen zur Früherkennung durch. Ein Schnelltest kann hier als Ergänzung sehr nützlich sein. In der Praxis machen wir damit seit einigen Jahren gute Erfahrungen. Leider wird der zur Zeit nicht von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.
Wie kann die Diagnose eindeutig gestellt werden und wie sehen die weiteren Schritte aus?
Ist eine Untersuchung auffällig, können wir ein CT beim Radiologen veranlassen und dann Proben aus dem Bereich entnehmen. Der Pathologe untersucht das Gewebe und kann eine eindeutige Diagnose stellen. Je nach Gewebeart entscheiden wir dann gemeinsam mit dem Patienten, welche Therapie am sinnvollsten ist. Hierbei kommen eine Operation oder alternativ eine Bestrahlung, eventuell in Kombination mit einer Chemotherapie, in Frage. In manchen Fällen ist auch nach einer Operation eine zusätzliche Bestrahlung nötig.
Wie hoch stehen die Heilungschancen für HNO-Krebserkrankungen im Vergleich zu aggressiven Arten wie dem Bauchspeicheldrüsenkrebs?
Das ist ein sehr großes Feld und deshalb sehr unterschiedlich. Bei einem Stimmbandkrebs, der auf eine Seite beschränkt ist, sind die Aussichten sehr gut. Wird der Tumor bestrahlt oder operativ entfernt, liegen die Heilungsraten bei bis zu 95% nach fünf Jahren. Eine leichte Heiserkeit bleibt. Bei Mandelkrebs, der in die Hals-Lymphknoten gestreut hat, ist die Heilungschance deutlich geringer.
Haben Sie Ratschläge für Betroffene?
Vorbeugen ist immer besser als heilen. Ein gesunder Lebensstil kann uns allen das Leben deutlich einfacher machen. Leider gibt es auch Patienten, die sehr gesund leben und trotzdem Krebs bekommen.
Mein Ratschlag ist: Wenn etwas Ungewöhnliches mit dem Körper passiert und es nach spätestens drei Wochen nicht besser wird, einen Arzt aufzusuchen. Denn je früher wir handeln können, desto einfacher wird es und desto besser sind die Prognosen auf lange Sicht.