Schmerzfaktor Ischias

Ein ungeschicktes Bücken, eine ruckartige Drehung – und es ist geschehen: Ein eingequetschter Ischiasnerv verursacht bohrende Schmerzen, die oft jede Bewegung zur Qual machen. Die Hälfte all unserer Nervenimpulse laufen über den Ischias - den größten und dicksten Nerven des menschlichen Körpers. Wird er gereizt oder eingeklemmt, so „reagiert“ er plötzlich und heftig: Vom Gesäß ausgehend, strahlen meist bohrende Schmerzen in die Beine, zum Teil bis in die Füße hinab. Dabei ist die Leidensskala sehr unterschiedlich:
„Während manche Menschen nur leichte Schmerzen oder ein Kribbeln verspüren, können sich andere kaum noch bewegen“, erläutert Dr. Bernhard Dickreiter, Facharzt für Rehabilitative Medizin und Naturheilkunde der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Oft sind Muskelverspannungen oder verdickte Wirbelgelenke aufgrund von Verschleiß oder Bewegungsmangel Auslöser einer Ischialgie, so der medizinische Fachbegriff. Doch in der Mehrzahl ist ein Bandscheibenvorfall die Ursache. Kommen Beschwerden mit der Blase oder dem Darm hinzu, ist sofortige Hilfe erforderlich. „Denn dies kann ein Zeichen dafür sein, dass Teile des Gallertkerns durch den Faserring der Bandscheibe gedrungen sind und nun auf die Nerven im Wirbelkanal sowie den Ischiasnerv drücken.“ Zum akuten Notfall wird die Situation auch bei neurologischen Ausfallerscheinungen wie Taubheitsgefühlen oder Lähmungserscheinungen.
Rückenschule hilft weiter
In den meisten Fällen verschwinden die Beschwerden nach einiger Zeit von selbst. Bessert sich der Zustand jedoch nicht innerhalb von zwei Tagen, so sollte ein Orthopäde aufgesucht werden. Per Ultraschalluntersuchung, Röntgenbildern und eventuell einer Magnetresonanz-Tomografie kann er schnell feststellen, ob die Beschwerden wirklich vom Ischias ausgehen und wo der Nerv genau betroffen ist. Neben der Schmerzbekämpfung stehen Physiotherapie und Entspannungsübungen im Mittelpunkt der Ischias-Behandlung. Empfehlenswert ist zudem der Besuch einer Rückenschule. „Der Patient erfährt hier, wie er seine Körperhaltung verbessert und schwere Lasten richtig anhebt“, so Dr. Dickreiter. „Außerdem lernt er Beweglichkeitsübungen für die Wirbelsäule kennen sowie Trainingsmaßnahmen zur Förderung der Rückenmuskulatur.“
Häufig betroffen: Raucher und große Menschen
Schon die alten Griechen kannten das qualvolle Problem. Sie vermuteten jedoch die Hüfte als Quelle des Übels und nannten das Leiden deshalb Ischias, was soviel wie Hüftweh heißt. Heute weiß man, dass die Schmerzen von der Wirbelsäule ausgehen. Stress und schwere körperliche Arbeit erhöhen das Risiko einer Erkrankung. Besonders häufig trifft es Raucher und (große) Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Sind die Schmerzen heftig, so empfehlen Orthopäden folgende bewährte „Erste Hilfe“-Maßnahme: Die Nerven behalten und sich flach auf den Rücken legen. Dann die Beine heben und die Unterschenkel auf einen Stuhl legen bis die Schmerzen nachlassen. Oft helfen aber auch schon Wassergymnastik, maßvolles Gehen oder Laufen, um den Lendenwirbelbereich zu entlasten. Hilfreich sind zudem entzündungshemmende Mittel oder Wärmeanwendungen, beispielsweise durch ein Heizkissen oder eine Wärmflasche unterm Becken. Schädlich sind Eisanwendungen und Bettruhe, wie früher oft verordnet.
So beugen Sie vor
Präventiv empfehlen Orthopäden regelmäßige Bewegung sowie ein Training zur Stärkung der Rumpfmuskulatur. Dafür eignen sich Krankengymnastik und Muskeltraining in Rückenschulen. Vorbeugend können auch Laufen und Walken wirken. Ratsam ist zudem ein rückenfreundlicher Schreibtisch, der aufrechtes Sitzen und Arbeiten ermöglicht. Vermeiden sollte man die typisch krumme Sitzhaltung am Schreibtisch, oft auch noch mit hochgezogenen Schultern. Orthopäden empfehlen, möglichst häufig die Sitzposition zu verändern und zwischen aufrechter, vorgeneigter und zurückgelehnter Haltung zu wechseln. Um den Rücken zu entlasten Übergewicht reduzieren.
Und noch ein guter Tipp: Achten sollte man stets auf ein rückenfreundliches Heben von Getränkekästen, Wäschekörben oder anderen schweren Gegenständen. Am besten leicht in die Hocke gehen und die Last bei gestrecktem Rücken und mit gebeugten, aber niemals mit ausgestreckten Armen hochheben. Und hier noch eine gute Präventivübung: Legen Sie sich auf den Rücken und verschränken Sie die Hände hinter dem Kopf. Rollen Sie nun zehn Mal mit angewinkelten Knien auf die linke Seite. Halten Sie diese Position für einige Sekunden und wiederholen Sie dann das Ganze auf der rechte Seite.